Der Countdown für die Aufrüstung läuft!Elektronische Kassen und Kassensysteme
Vor allem bei bargeldintensiven Betrieben sieht die Finanzverwaltung ein erhöhtes Risiko von Steuerausfällen. Deshalb gelten für den Einsatz elektronischer Kassen ab 2020 verschärfte Regeln.
Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber sollten möglichst rasch mit der notwendigen Aufrüstung ihrer Kassen mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (sog. TSE) gegen Manipulationen starten, damit sie am 1. Oktober 2020, ab dem die neuen Anforderungen spätestens erfüllt sein müssen, die Vorgaben der Finanzverwaltung erfüllen.
Frist endet am 30. September 2020
Zwar hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit einer Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30. September 2020 darauf reagiert, dass zum 1. Januar 2020 die erforderlichen Zertifizierungsverfahren für die technischen Lösungen noch nicht abgeschlossen waren.
Technische Anforderungen, Bons, Meldepflicht– Das müssen Betriebe beachten
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an Grundaufzeichnungen, das bereits im Dezember 2016 verabschiedet wurde, verlangt, dass elektronische Kassen ab dem 1. Januar 2020 manipulationssicher sind. Neu hinzu gekommen ist die Meldepflicht für elektronische Kassen und Kassensysteme sowie die Belegausgabepflicht.
Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) - Manipulationsschutz wird Pflicht
Kassensysteme oder elektronische Registrierkassen müssen künftig zwingend mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung zum Schutz der elektronischen Aufzeichnungssysteme (TSE) ausgerüstet sein bzw. nachgerüstet werden.
Die TSE besteht aus drei Modulen. Das Sicherheitsmodul protokolliert unveränderbar die Kasseneingaben. Das Speichermodul speichert die Einzelaufzeichnungen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist. Über eine einheitliche digitale Schnittstelle kann die Finanzbehörde zu Prüfzwecken auf Kassendaten zugreifen. Die TSE kann nachgerüstet werden oder bei einigen Kassensystemen kann auch ein Softwareupdate ausreichen.
Elektronische Kassen müssen beim Finanzamt gemeldet werden
Ab 2020 müssen alle im Unternehmen genutzten elektronischen Kassen und Kassensysteme beim Finanzamt gemeldet werden. Für Kassen, die bereits vor dem 1. Januar 2020 im Betrieb genutzt wurden, muss bis zum 31. Januar 2020 eine Meldung erfolgen. Nach dem 1. Januar 2020 angeschaffte Kassensysteme oder außer Betrieb gesetzte Kassen sind innerhalb eines Monats dem Finanzamt zu melden.
Am 6. November 2019 wurde diese Meldepflicht ausgesetzt bis eine elektronische Übermittlungsmöglichkeit besteht. Dieser Zeitpunkt wird im Bundessteuerblatt gesondert bekanntgegeben. Informationen hierzu erhalten Sie beispielsweise von Ihrem Steuerberater.
Belegausgabepflicht
Seit 1. Januar 2020 muss für jeden Kassenumsatz ein Beleg erstellt und dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Der Beleg kann in Papierform oder wenn der Kunde zustimmt elektronisch ausgegeben werden. Eine Mitnahmepflicht des Kassenbons bzw. eine Pflicht den elektronischen Beleg herunterzuladen besteht für den Kunden nicht.
Soweit im Einzelfall eine Belegausgabepflicht nicht zumutbar ist, kann das Finanzamt auf Antrag hiervon befreien. Die Zustimmung zur Befreiung liegt im Ermessen der Behörde und kann jederzeit widerrufen werden.
Nichtbeanstandungsregelung läuft am 30. September aus
Am 30. September 2020 endet die Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung, wenn aufrüstbare elektronische Kassen und Kassensysteme noch nicht über die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Kassen, die nicht aufrüstbar sind, sind davon ausgenommen. Diese Modelle dürfen nicht mehr eingesetzt werden.
Befristete Ausnahmeregelung
Registrierkassen, die zwischen dem 26. November 2010 und dem 1. Januar 2020 angeschafft wurden und die zum Anschaffungszeitpunkt den gültigen Anforderungen der Finanzverwaltung entsprachen, gilt eine befristete Ausnahmeregelung bis längstens 31. Dezember 2022.
Individuelle Fristverlängerung beantragen
Es ist auszugehen, dass nicht alle Betriebe die Aufrüstungen bis Ende September 2020 umsetzen werden können. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat sich mehrfach bei Bund und Ländern für eine Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung stark gemacht. Diese Forderung wurde vom Bundesfinanzministerium abgelehnt.
Nach § 148 der Abgabenordnung können Betriebe eine individuelle Fristverlängerung bei der Finanzverwaltung beantragen, um mehr Zeit für die Nachrüstung des Kassensystems mit einer TSE zu erhalten.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat hierzu einen Musterantrag als Orientierungshilfe erarbeitet. Sprechen Sie vor der Antragstellung mit ihrem Steuerberater.
Wer ist davon betroffen?
Alle Betriebe, die elektronische Kassensysteme und Kassen nutzen, sind zur Verwendung einer technischen Sicherheitseinrichtung verpflichtet. Unternehmen, die eine offene Ladenkasse oder eine mechanische Registrierkasse nutzen, sind nicht verpflichtet, auf ein elektronisches System umzusteigen.
Regeln einer ordnungsgemäßen Kassenführung
Einzelaufzeichnungspflicht
Einzelaufzeichnungspflicht bedeutet, dass jeder Geschäftsvorfall einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen ist.
Bei Kleinbetragsrechnungen bis 250 € ist die Nennung des Empfängers gemäß §14 (6) UStG i.V. mit §33 UStDV entbehrlich.
Kasseneinnahmen- und ausgaben sind mindestens täglich festzuhalten. Bei elektronischen Kassensystemen sind die Kasseneinnahmen laufend, das heißt sofort, und einzeln zu erfassen. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt für Steuerpflichtige mit elektronischen Aufzeichnungssystemen oder bei Führung offener Ladenkassen.
Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht, wenn eine offene Ladenkasse geführt wird. Wird ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet, gilt die Einzelaufzeichnungspflicht immer.
Aufbewahrungspflicht
Alle mit einem elektronischen Kassensystem erzeugten, digitalen Daten sind unveränderbar und in einem digital auswertbaren Datenformat für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist aufzubewahren. Aufbewahrungspflichtig sind unter anderem:
- Organisationsunterlagen (beispielsweise Bedienungsanleitungen)
- Handbücher
- Einrichtungsprotokolle
- Arbeitsanweisungen zur Verarbeitung und Archivierung der Geschäftsvorfälle (Verfahrensdokumentation) etc.
Verfahrensdokumentation
Eine vollständige Verfahrensdokumentation ist vorzuhalten, damit die Finanzbehörde Bücher und Aufzeichnungen nachprüfen kann. Es sind die Grundlagen der Kassenführung und die aktuellen als auch die historischen Verfahrensinhalte zu dokumentieren.
Die Verfahrensdokumentation muss für die Dauer der Aufbewahrungsfrist (10 Jahre) vorgehalten werden. Eine gesetzliche Bestimmung, was eine Verfahrensdokumentation enthalten muss, gibt es nicht.
Die Verfahrensdokumentation selbst muss bei Änderungen (Software-Updates, Personalwechsel, Artikel- und Preisänderungen) ständig aktualisiert werden. Einen Leitfaden zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation mit Hinweisen und einer Muster-Verfahrensdokumentation zur ordnungsmäßigen Kassenführung hat der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e.V. (DFKA) auf seiner Internetseite www.dfka.net veröffentlicht.
Steuerberater unterstützen Sie bei Fragen zur Verfahrensdokumentation.
Nachlässigkeiten können teuer werden
Durch die seit 2018 neu eingeführte Kassen-Nachschau müssen bargeldintensive Betriebe mit unangemeldeten Kontrollen der Finanzbehörde rechnen. Eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung kann zum Verlust der Ordnungsmäßigkeit der gesamten Buchführung führen. Dem Prüfer sind damit Tür und Tor für mögliche Schätzungen geöffnet.
Elektronische Belege
Kein Verkauf ohne Beleg. Die Ausgabe muss nicht in gedruckter Form geschehen, sondern kann bei Zustimmung des Kunden auch elektronisch erfolgen. Elektronische Belege dürfen Kunden keinen zusätzlichen technischen Aufwand bereiten. Empfang und Darstellung des Belegs auf einem Smartphone oder Tablet müssen mit einer kostenfreien Standardsoftware möglich sein. Die Beleganzeige auf einem Bildschirm (Terminal, Kassendisplay) reicht nicht aus. Der Beleg muss elektronisch vom Kunden entgegengenommen werden können.
Weitere Informationen
Ansprechpartner
Bereichsleiter Wirtschaftsförderung Tel. 0381 4549-162 Fax 0381 4549-167
Betriebswirtschaftlicher Berater Tel. 0395 5593-132 Fax 0395 5593-169