Handwerk blickt in eine düstere Zukunft
Die wirtschaftlichen Prognosen des Handwerks aller Branchen in Mecklenburg-Vorpommern sind gezeichnet von Skepsis und Sorgen. Ausdruck dessen ist der Geschäftsklimaindex, der nach den aktuellen Konjunkturumfragen der Handwerkskammern in MV im Vergleich zum Vorjahr um 28 Punkte gesunken ist. Damit liegt dieser sogar noch unter dem Wert in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009.
„Die vergangenen drei Monate wiesen noch eine relative wirtschaftliche Stabilität aus. Nahezu vollständig und darüber hinaus ausgelastet war etwa jeder zweite Betrieb. Weitere 28 Prozent meldeten eine Auslastung zwischen 70 und 90 Prozent. Der durchschnittliche Auftragsbestand beträgt 12 Wochen. Allen voran zeigte sich dabei die Bau- und Ausbaubranche stabil. Verhaltener bewerten Gewerke wie die Kfz-Branche oder das Nahrungsmittelhandwerk die wirtschaftliche Situation“, so Präsident Axel Hochschild (Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern) und Präsident Uwe Lange (Handwerkskammer Schwerin).
Annähernd jeder zweite Betrieb (46 Prozent) aus dem Nahrungsmittelhandwerk (Bäcker/ Konditoren und Fleischer) verzeichnete gesunkene Umsätze. Infolge gestiegener Rohstoff- und Energiekosten mussten 63 Prozent dieser Betriebe ihre Produkte zu höheren Preisen verkaufen.
Aufgrund aktueller multipler Krisen, der wachsenden Inflation und der zurückgehenden Kaufkraft, vor allem aber infolge weiter steigender Energiekosten blicken alle Branchen des Handwerks sorgenvoll in die Zukunft. Rund die Hälfte aller befragten Unternehmen (49 Prozent) erwartet sinkende Aufträge. Einen Einbruch prognostizieren u.a. 62 Prozent der Unternehmen aus dem Bauhauptgewerbe, 63 Prozent der Nahrungsmittel- und 50 Prozent der Kfz-Betriebe. Ebenso erwartet jeder zweite Betrieb aus den Gesundheitshandwerken Auftragsrückgänge.
Insgesamt befürchten 18 Prozent aller Befragten (Vorjahr 8 Prozent), aufgrund der künftig kritischen wirtschaftlichen Situation Mitarbeiter entlassen zu müssen. In den Gesundheitshandwerken erwarten 27 Prozent der Betriebe sinkende Beschäftigtenzahlen (Vorjahr 4 Prozent), in der Kfz-Branche 22 Prozent (Vorjahr 7 Prozent).
Die Prognosen für das Handwerk sind damit in allen Branchen besorgniserregend.
Zur Sicherung der wirtschaftlichen Strukturen im Handwerk und damit der Versorgung vor allem in den ländlichen Regionen fordern die Präsidenten der Handwerkskammern deshalb:
- Energiepreisbremse für alle Energiearten sofort
- Unterstützung nicht-leitungsgebundener Heizsysteme mit Heizöl oder (Holz-)Pellets mit einer der vorgeschlagenen Gaspreisbremse gleichwertigen und pauschalierten finanziellen Lösung
- Bis zur Einführung der Energiebremse Energiekostendämpfungsprogramm für mittelständische Branchen und das Handwerk öffnen und insgesamt verlängern.
- Nutzung aller Energieformen ideologiefrei und technologieoffen
- Überprüfung und Änderung der Preisbildung beim Strom über das Merit-Order-Prinzip
- Einführung von deutschlandweit einheitlichen und damit fairen Netzentgelten
- Schnelle finanzielle Hilfen für akut gefährdete Betriebe
- Preisgleitklauseln bei allen öffentlichen Aufträgen, auch von Land und Kommunen und außerhalb des Baubereiches
- Reduzierter Gewerbediesel für das Handwerk gemäß dem Vorschlag von Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger (Senken des Literpreises durch Steuererleichterungen auf 1,50 Euro).
Handwerk in MV: das sind rund 20.200 Betriebe mit etwa 112.000 Beschäftigten sowie mehr als 5.800 Auszubildende. Das Handwerk erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von neun Milliarden Euro. Dem Handwerk in Mecklenburg-Vorpommern werden etwa 10 Prozent der Bruttowertschöpfung, rund 14 Prozent der Erwerbstätigen und etwa 25 Prozent des Ausbildungsmarktes zugerechnet.
Auf die Konjunkturumfragen beider Handwerkskammern in MV haben 1059 Betriebe geantwortet.